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Keine Genehmigung des Speicherausbaus durch Mehrheitsbeschluss

27.08.2014


Der Ausbau des gemeinschaftlichen Speichers zu Wohnzwecken bedarf auch dann der Zustimmung sämtlicher Wohnungseigentümer, wenn bereits ein Sondernutzungsrecht für den Ausbauwilligen an den Räumlichkeiten besteht.

LG München I, Urteil vom 18.07.2013 - 36 S 20429/12 WEG

Problem/Sachverhalt

Ein Eigentümer ließ sich durch Mehrheitsbeschluss den Ausbau von über seiner Einheit liegenden Speicherräumen, an welchen er ein Sondernutzungsrecht hatte, "insbesondere den Einbau von Dachflächenfenstern sowie Erweiterung des Treppenloches von der Wohnung zu den darüber liegenden Speicherräumen" genehmigen. Der Beschluss wurde angefochten. Daneben stimmte zu einem späteren Zeitpunkt noch eine Mehrheit der Eigentümer im Umlaufverfahren dem Einbau von Dachflächenfenstern zu, ohne dass es insoweit zur Anfechtung kam.

Entscheidung

Der Mehrheitsbeschluss über den Ausbau wird für ungültig erklärt, da er eine bauliche Veränderung beinhalte, welche der Zustimmung aller Eigentümer bedürfe. Deren Beeinträchtigung über das in § 14 Nr. 1 WEG bestimmte Maß hinaus ergebe sich schon daraus, dass die Nutzungsmöglichkeiten am Speicher erheblich ausgeweitet werden würden. Die Nutzung eines gemeinschaftlichen Raums zu Wohnzwecken sei erheblich intensiver als zu sonstigen Zwecken, so dass in dieser gesteigerten Nutzung immer eine Beeinträchtigung aller Wohnungseigentümer liege. Das bestehende Sondernutzungsrecht ändere hieran nichts, da es lediglich zu einer Nutzung als Speicher berechtige. Auch handle es sich nicht um eine Modernisierungsmaßnahme gemäß § 22 Abs. 2 WEG, da die Eigenart der Wohnanlage durch die Baumaßnahme verändert würde. Ein Umlaufbeschluss, welcher ohnehin lediglich den Einbau der Dachflächenfenster betroffen hätte, sei mangels einstimmiger Zustimmung nicht zu Stande gekommen. Die von § 23 Abs. 3 WEG geforderte Allstimmigkeit stelle eine Rechtsvorschrift dar, auf deren Einhaltung rechtswirksam nicht verzichtet werden könne, so dass ein Beschluss ohne Einstimmigkeit nach § 23 Abs. 4 Satz 1 WEG nichtig sei.

Praxishinweis

Die zweckwidrige Nutzung von gemeinschaftlichen Räumen folgt rechtlich anderen Kriterien als bei Räumlichkeiten im Sondereigentum. Zwar kann auch bei Letzteren eine intensivere Nutzung eine Beeinträchtigung anderer Wohnungseigentümer zur Folge haben. Allerdings liegt die Schwelle, ab der eine intensivere Nutzung des Sondereigentums zu einer Beeinträchtigung der anderen Wohnungseigentümer führt, höher als beim Gemeinschaftseigentum, da grundsätzlich jedem Wohnungseigentümer sein Sondereigentum gemäß § 13 Abs. 1 WEG zur alleinigen Nutzung zugewiesen ist (Merle, in: Bärmann, WEG, 12. Aufl. § 22 Rz. 193). In Städten mit akutem Wohnungsmangel und gleichzeitig erheblichem Leerstand von Gewerbeflächen besteht - sowohl für die betroffenen Teileigentümer als auch für die Allgemeinheit - das akute Bedürfnis, die Umwandlung von Teileigentum zu Wohnzwecken zu ermöglichen. Inwieweit der Gesetzgeber den betroffenen Teileigentümern gegenüber (nahezu immer vorhandenen) ihre Zustimmung zur Umwandlung verweigernden Miteigentümern nunmehr mit § 10 Abs. 2 Satz 3 WEG ein Anspruch auf Zustimmung eingeräumt hat (siehe hierzu bereits BGH, IMR 2012, 387), wird zukünftig von der Praxis zu klären sein.

 

 

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