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Wird die HOAI gekippt?

14.03.2019


Die Vergütungsregelungen der freien Berufe stehen weiter unter Druck: Wenn es nach dem Generalanwalt des EuGH geht, könnte der EuGH noch in diesem Jahr die Mindest- und Höchstgebühren in der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI) in Deutschland kassieren.

Der EU-Kommission sind die Vergütungsgesetze und –verordnungen der freien, verkammerten Berufe seit vielen Jahren ein Dorn im Auge, weil sie in vielen Fällen einen freien Preiswettbewerb verhindern oder zumindest erschweren. Hebel für die EU-Kommission sind dabei die Dienst- und Niederlassungsfreiheiten der EU-Verträge. Die Besonderheit bei den deutschen Architekten liegt nun darin, dass der EuGH nicht über eine Vorlage eines deutschen Gerichts im Rahmen einer Honorarstreitigkeit entscheiden muss, sondern hier die EU-Kommission seit 2015 eines der wenigen Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland führt. Sie tritt hier als Hüter der EU-Verträge auf (Artikel 258 ff. AEUV).

Die erste Runde in dem Vertragsverletzungsverfahren geht nun an die EU-Kommission. Der Generalanwalt des EuGH – eine unabhängige Instanz, die die EuGH-Verfahren für das Gericht vorvotiert – hält die Mindest- und Höchstgebühren für unionsrechtswidrig. In seinen Schlussanträgen vom 28. Februar 2019 (Rechtssache C-377/17) kommt der Generalanwalt Maciej Szpunar aus Polen zu dem Ergebnis, dass die Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI) gegen die Dienstleistungsrichtlinie 2006/123/EG verstößt.

Deshalb setzte etwa das LG Dresden in einem Rechtsstreit wegen Zahlung eines Architektenhonorars im Februar 2018 das Verfahren aus und ersuchte den EuGH um Vorabentscheidung, ob Mindestsätze nach der HOAI unionsrechtsgemäß sind.

Mit einem Urteil des EuGH ist im zweiten oder dritten Quartal 2019 zu rechnen. Stellt der Gerichtshof einen Verstoß gegen EU-Recht fest, ist Deutschland verpflichtet, den Verstoß (etwa durch legis­lative Maßnahmen) zu beenden. Behörden und Gerichte sind dann angehalten, die für unions­rechts­widrig erklärten Regelungen nicht mehr anwenden.

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